Tabuthema Leben
vom Recht auf das Glücklichsein und warum wir dieses nicht wahrnehmen
Dürfen chronisch kranke Menschen das Leben genießen ?
Warum sollte man keine Umstände mit einander vergleichen und wieso ist es wichtig immer wieder zu differenzieren? In diesem Beitrag geht es um nichts anderes als den Verzicht auf positives in schlechten Zeiten. Gefangen in gesellschaftlichen Konventionen vergessen wir viel zu oft was das Wesentliche ist. Guck in den Spiegel, dann weist du was ich meine.
Ich habe schon so oft über die stereotype Adaption, also das sogenannte Schubladendenken im Gesundheitswesen gemeckert, über Ärzte und Pflegepersonal welche stigmatisieren und psychiatrisieren nur weil ihnen der individuelle Blick auf den Menschen fehlt.
Man kann ja schließlich auch Flöhe und Läuse gleichzeitig haben, oder? Warum also fangen wir nicht einfach mal da an wo wir am ehesten etwas bewirken können.
Genau, bei Uns selbst!
Warum zur Hölle neigen wir in unseren beschränkten Denkmustern dazu immer wieder Vergleiche zu ziehen wo man keine ziehen sollte?
Der Vergleichs-Battle
Wenn man Menschen in ihrer Kommunikation beobachtet, dann fällt auf, dass sich im Gespräch regelrechte “mir geht’s aber schlechter” oder “ich bin aber schlimmer dran”-Battles entwickeln.
Wenn Oma Inge beim Bäcker mit der Gertrud darüber diskutiert, wessen Mann denn jetzt die schlimmere Knie-Op hatte, wird schnell klar: Da will jemand einfach nur Mitleid oder ist so vereinsamt und gelangweilt, dass es keine anderen Themen mehr gibt als das eigene Leid oder das des Umfelds. Ich finde es genauso furchtbar, wenn die Mütter der Kinder die hier in der Straße zur Grundschule gehen, sich darüber definieren wie beschäftigt, gestresst aber erfolgreich die eigenen Kinder sind.
Warum muss man immer alles miteinander vergleichen? Menschen sind individuell und jeder hat ganz eigene Stärken und Schwächen. Ich bin der festen Meinung wenn man immer nur über so negative Dinge redet und sich in der Kommunikation stets im Kampfmodus befindet, dann handelt es sich dabei um unsichere Menschen ohne Selbstwertgefühl oder um Personen mit einem ziemlich gestörten Geltungsbedürfnis.
Ich mein wer ständig darüber redet wie krank man ist oder wie beschissen irgendetwas ist, dem kann es auch einfach nicht gut gehen. Es gibt Menschen die sind in dieser Negativität so gefangen , dass sie verlernt haben glücklich zu sein. Wenn Sprüche wie „Ich erwarte nix ‚dann werde ich auch nicht enttäuscht“ zur Lebensphilosophie werden , dann ist man an einem ganz kritischen Punkt angelangt.
Wir sollten uns einfach alle wieder mehr auf uns selbst konzentrieren und aufhören jede Kleinigkeit zu bewerten. Dinge die man nicht ändern kann sollte man hinnehmen und nicht nach dem Warum suchen. Die Energie die man verbraucht auf der Suche nach Antworten kann man doch besser nutzen um die „Situation“ zu überstehen.
Ein Beispiel:
Ein 11 jähriges Mädchen streitet mit ihren 9 jährigem Bruder darüber wer es schwerer in der Schule hat. Die Schwester argumentiert “Boah, ich bin aber viel weiter als du und unsere Sachen sind viel schwerer und überhaupt bist du noch in der Grundschule!” – Beleidigt zieht der Junge ab.
Dann kommt die Mama der beiden und sagt “Hör mal meine kleine, kannst du dich noch daran erinnern, wie doof du Mathe vor zwei Jahren fandest?” das Mädchen antwortet mit einem klaren “Ja”.“Dann schau mal, für deinen Bruder ist doch das was er lernt jetzt auch alles neu und schwer – so wie es für dich auch war. Verstehst du? Er ist zwar jünger und zwei Klassen unter dir, aber für ihn selbst ist das alles doch ziemlich anstrengend. Außerdem hat jeder Mensch unterschiedliche Talente. In anderen Dingen ist man manchmal nicht so gut. Das kannst du einfach nicht vergleichen. Genauso unterschiedlich wie alle Menschen aussehen so unterschiedlich sind sie auch innen drin.”
Was ich damit sagen will ist, dass man nie das Leid oder den Stress von anderen mit dem eigenen vergleichen soll. Das funktioniert einfach nicht. Schlimm wird es, wenn der Gesundheitszustand verglichen wird. Hier möchte ich jetzt mal ganz hart aber offen eine Frage in den Raum stellen:
Wem geht es schlechter? Ein Krebspatient der gut gegen Schmerzen eingestellt ist, seine Therapie problemlos verträgt und ein ganzes Facharzt-Team hinter sich stehen hat – oder einem Patienten der mit 41 Grad Fieber, Lungenentzündung und Ganzkörperschmerzen wegen einer echten Grippe stationär aufgenommen werden musste? … Schwierig stimmt?
So, und jetzt gehen wir mal weg von diesen ungesunden Gedankengängen und beschäftigen uns mit der Frage, wie viel Spaß darf ein kranker Mensch haben. Klingt nach einem krassem Sprung, aber eigentlich knüpft es ja genau bei den Verhaltensmustern an, welche ich eben mit euch durchgekaut habe. Beschäftigen wir uns also nun damit warum viele chronisch kranke Menschen sich selbst viel weniger Gutes tun als sie könnten.
Mit sich selbst verhandeln
Es ist und bleibt meist ein ewiges Abwiegen von Aktion und Reaktion, von Spaß haben und die Folgen daraus ertragen müssen, von medizinisch relevant und “naja, das kann ich mal ignorieren”. Für mich ist es keine Frage mehr. Ich hab Spaß am Leben und zwar mit allen Konsequenzen. Ich ertrage Schmerzen und chronische Müdigkeit wenn ich wichtige Dinge erledigen muss.
Warum soll ich dann nicht auch einfach mal etwas in Kauf nehmen für etwas positives, für etwas das mir seelisch gut tut? Gehe ich feiern – was wirklich nicht mehr oft passiert – dann geht es mir am nächsten Tag einfach sche***e. Aber wenn man das weiß, kann man sich drauf einstellen und trotzdem mal raus gehen. Ich liebe Spaghetti-Eis und ich geh fast daran kaputt, wenn ich eines esse – aber ich lasse es mir nicht nehmen, da ich so schon immer auf vieles verzichten muss. Solange ich mich nicht in Lebensgefahr begebe und solange meine Behandlung nicht leidet, kann ich auch mal Dinge tun von denen mir abgeraten wird. Es kommt halt immer auf das Wie an.
Was ich kann, kannst du auch !
Ja du! Du mit einer ätzenden Erkrankung und auch du da – genau du, die sich immer wieder vergisst, weil das Kind ja Vorrang hat. Auch du, mit deiner beschissenen Vergangenheit und du, der vor kurzem jemanden verloren hat. Ihr alle dürft glücklich sein! Ihr habt es doch wirklich schon schwer genug.
Kotzt euch aus und dann packt das Leben wieder an. Es wird nie einfach und trotzdem macht es Sinn weiter und immer weiter zu machen. Wenn es euch mal gar nicht gut geht, dann ist das auch in Ordnung – nur haltet euch nicht daran sondern an den schönen Dingen fest.
Irgendwie geht es doch immer noch und wer viel ertragen muss, der darf und sollte – nein, muss sogar immer und immer wieder etwas gutes Erleben.
Ihr habt es verdient glücklich zu sein! Vergesst das nie!
Euer Stephan