Ich und meine Medikamente –
meine Medikamente und ich
Von hohen Dosen und falschen Diagnosen
In diesem Beitrag geht es um meine Erfahrungen mit Medikamenten unterschiedlichster Wirkungsweise. Dabei geht’s nicht um irgendwelche medizinischen Dinge die im Vordergrund stehen sondern um den eben schon erwähnten Umgang mit den vom Arzt verordneten Pharmaka.
Für mich wird es nie normal sein ohne all die Pillen und Infusionen nicht leben zu können. Warum man dringend lernen muss die kleinen Helfer aus dem Labor als alltäglich anzusehen und was passiert wenn man seinen Therapieplan nicht einhält – lest selbst.
Nimm doch ne Pille dagegen!
Leider war ich ja als Kleinkind schon so viel krank ‚dass ich ständig im Krankenhaus war. Was ich damit sagen will ist, dass ich quasi mein Leben lang schon immer ganz viele Medikamente bekommen habe. Die meisten davon haben entweder nicht geholfen oder mir sogar geschadet. Nebenwirkungen hatte ich immer mehr als Wirkung, dabei hatten so manche Wirkstoffe auch echte Konsequenzen für mich.
Irgendwie sind die Ärzte ja schnell dabei wenn es um das Ausstellen von Rezepten geht. Das Verordnen von Pillen ist halt der schnellste und lukrativste Weg für die Herren und Frauen Doktoren.
Cocktailparty
Es gab Zeitpunkte in meinem Leben, da hatte ich bis zu 17 unterschiedliche Medikamente gleichzeitig. Ein Großteil davon waren natürlich Pillen,Tabletten, Kapseln und so weiter. Dazu kamen dann noch diverse Sachen zum Inhalieren oder Salben und Cremes – ach ja ich hab das inhalieren als Kind gehasst. Am schlimmsten, und ja wirklich ganz furchtbar, sind doch Zäpfchen – wer hat den Mist überhaupt erfunden?!
Naja, auf jeden Fall habe ich bereits eine riesige Bandbreite an Wirkstoffgruppen durch und seit dem ich meine Mutter pflege und betreue und eben auch ihre Medis stelle, bin ich zur wandelnden „Roten Liste“ geworden.
Prämedikation – Mir ist so schlecht
“Keine Wirkung ohne Nebenwirkung” – Was sich hier so einfach liest ist eigentlich jedem klar, nur eben auch nicht wirklich jedem bewusst. Was machen all die Substanzen mit dem Körper? Genau! Kaputt machen die ihn. Und deshalb gibt’s für so gut wie jede ungewünschte Nebenwirkung auch wieder das passende Mittelchen.
Magenschleimhautentzündungen, Darmentzündungen, Sehnenrisse, Kopfschmerzen, Übelkeit, Grippesymptome, Schwindel… ach was hatte ich doch schon für tolle Begleiterscheinungen. Haarausfall ist ja noch irgendwie vertretbar aber ne Gewichtszunahme von 40 Kilo war auch für mich nicht mehr tragbar.
Mir ist immer noch schlecht – Bekomme ich noch ein Rezept?
Man bildet sich ja doch tatsächlich ein, dass die Sachen wirken und, naja, manchmal tun sie es eben auch. Wenn man aber merkt, dass es ohne nicht mehr geht, hat man den Punkt der Abhängigkeit erreicht. Ich hoffe ihr differenziert hier bitte die Begriffe Abhängigkeit und Sucht . Medikamentenabhängigkeit ist eine ernst zu nehmende Sache und kann den einen oder anderen Entzug zur Folge haben eben wenn sich daraus eine Sucht entwickelt hat. Gerade bei Schmerz- und Beruhigungsmitteln sowie Schlaftabletten ist die Suchtgefahr groß. Chronisch kranke Menschen kommen aber oft im Laufe ihrer Behandlung mit eben genannten Medikamentengruppen in Kontakt. Da ist halt Vorsicht geboten!
Ich bin satt!
Man war jung und wusste es nicht besser – Drei mal bevor ich 20 wurde habe ich alle Medikamente auf einen Schlag abgesetzt. Zwei mal musste ich einen Entzug von Benzodiazepinen machen. Dazu muss ich sagen: Ich wurde jahrelang immer auf psychisch Krank behandelt – egal was mit dem Körper war. Die unbedacht verordneten Benzos würde ich heute freiwillig nicht mehr nehmen.
Tut mir einen gefallen und setzt nie etwas ohne Absprache mit dem Arzt ab.
Krampfanfälle, Nierenversagen und unaushaltbare Schmerzen sind genauso mist wie Fieber und Angstzustände!
Bis hier hin und nicht weiter!
Vergangenheits-Stephan hatte einfach ganz viel Pech und ganz viele unfähige Ärzte die verdammt häufig sehr dumme Fehler gemacht haben. Ich musste darunter leiden aber heute bin ich ein aufgeklärter und selbstbewusster Patient.
Zwei entscheidende Diagnosen und ein neuer Fakt haben schließlich alles geändert.
Ich hatte ja immer das Problem, dass bestimmte Medikamente bei mir einfach keine Wirkung zeigten weshalb ich schon während Narkosen aufgewacht bin (keine Sorge, ich hatte keine Schmerzen) oder ich wollte erst gar nicht einschlafen.
Bei Schmerzmitteln ist es das Selbe: Freiverkäufliche Schmerzmittel wirken bei mir nicht und was man durchschnittlich auf Rezept bekommt – also Novalgin, Tramal und Co. – zeigen bei mir absolut keine Wirkung. Jetzt hatte sich aber herausgestellt, dass es genau dafür einen Grund gibt.
Anamnese ist so wichtig
Meine Mutter hatte während ihrer Schwangerschaft mit mir Gallenkoliken und bekam deshalb Tramadol. In Kombination mit dem Lebenswandels meines Erzeugers und dem dadurch wohl qualitativ schlechten Fortpflanzungsmaterial habe ich eine angeborene Resistenz gegenüber bestimmter Wirkstoffgruppen.
Um es auf den Punkt zu bringen. Weil das Spermium aus dem ich entstanden bin wohl schon ziemlich betrunken war und weil Vergangenheits-Fötus-Stephan schon Schmerzmittel bekam, bin ich heute so schwer ruhig zu stellen Ich kann da Heute echt drüber lachen, weil seit dem die Ärzte das wissen gibt es auch keine Probleme mehr die wirksamen Präpatrate zu bekommen. Bei Narkosen bekomme ich heute einfach das 2,5 fache der üblichen Dosis.
Unruhige Beine und der Rücken – schon wieder nicht die Psyche!
Man hätte ja früher mal ein MRT machen können, dann hätte man auch gleich gesehen, dass mein Wirbelkanal zu eng ist. Die Diagnose angeborene lumbale Spinalkanalstenose erklärte dann auch meine Taubheitsgefühle und Rückenschmerzen in jungen Jahren. Die unruhigen Beine wurden dadurch ebenfalls begünstigt. Endlich kein Psycho mehr und noch besser: Mir wurde sogar bestätigt, dass die ganzen Neuroleptika die Missempfindungen noch verstärkt haben.
Das gab mir dann noch mal die Bestätigung wie viele Verbrechen die Ärzte und Therapeuten an mir (unbeabsichtigt aber genau so unreflektiert) begangen haben.
Ich werd einfach nicht mehr gesund.
Stephan, 24 Jahre alt, am Ende seiner Kraft, seit 3 Jahren chronisches Fieber. Angefangen hat’s mit dem pfeifferschen Drüsenfieber. Ich war ja immer schon mehr und schlimmer Krank. Jedes Jahr in Krankenhäusern, schlimme Infektionen und Antibiosen die nicht halfen. Mir ging es von Jahr zu Jahr immer schlechter. Nachtschweiß, schmerzhaft geschwollene Lymphknoten und schon wieder der Verdacht auf Lymphknotenkrebs. So habe ich mich auf die Arbeit geschleppt, in der Altenpflege gearbeitet mit Lungenentzündung und Fieber.
Mittlerweile hatte ich meinen heutigen Ehemann kennen gelernt und er bemühte sich mir schnell einen Platz zu Diagnostik im Krankenhaus zu besorgen.
Ich wollte und konnte auch einfach nicht mehr.Am Ende meiner Kraft mit Knochenschmerzen und Dauerausschlag kam ich dann in ein Krankenhaus auf eine Station für seltene und unentdeckte Krankheiten. Nach einer Woche Powerdiagnostik wurde ich mit der Aussage: “das wäre einfach Pech” entlassen. Ich hätte mich mit infektiöser Mononucleose angesteckt – erst durch EBV und dann durch CMV. Das meine Immuglobuline so weit unten waren hat keinen interessiert. Enttäuscht ging’s wieder nach Hause und ich begann mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass mein Leben bald ein Ende hat.
Verkettung glücklicher Zufälle
Nachtschicht in der Demenzwohngruppe, es ist der 23.12. – kurz vor Weihnachten, ich huste und fühle mich hundeelend. Es ist mein Geburtstag und ich will nicht mehr.
Am 25.12 sitze ich in der Notfallambulanz des Raphael Klinikums in Münster. Seit 9 Monaten wache ich nun jede Nacht auf, weil ich am ersticken bin. Mein Asthma Notfallspray hält immer nur noch 3–4 Tage, dann ist es leer. Ich bekomme ein Antibiotikum und eine Adresse von einem Pneumologen, an den ich mich bitte sofort wenden soll. Recht schnell hatte ich dort einen Termin und der Arzt hatte auch tatsächlich einen Verdacht. Er nahm mir Blut ab und nach drei Tagen bekam ich einen Anruf: “Sie müssen sofort zu mir in die Praxis kommen!”. In der Praxis: “Ich gebe ihnen jetzt eine private Telefonnummer und da melden sie sich bitte umgehend. Das ist ein Arzt der kennt sich mit Immundefekten aus und ihre Werte sehen ganz danach aus!”
Dann ging alles ganz schnell. Im Uniklinikum Münster wurde noch mal ganz gründlich diagnostiziert bis ich die Diagnose angeborener Immundefekt bekam. Für alles was bis jetzt schief ging, gab es plötzlich ganz plausible Erklärungen. Ich bin kein Hypochonder und kein Simulant sondern ernsthaft und schwer erkrankt. Auf Grund jahrelanger Nicht-Behandlung einer angeborenen Sache, die zwar selten aber ganz klassisch Verlaufen ist.
Und jetzt kommen wieder die Medikamente
Mittlerweile nehme ich Schilddrüsenhormone, Leukotrin-Hemmer, Pantoprazol um den Magen zu schützen, Antihistaminika und Antiallergika, verschiedene Lungenmedikamente übers Inhaliergerät, Cortisonsalbe, zwischendurch gibt’s Phasen mit Dauerantibiosen und dann als PID-Patient mit IgG-Mangel natürlich auch Immunglobuline. Nein, keine Globulis sondern Immunglobuline. Das sind Antikörper die aus Blutplasmaspenden gewonnen werden. Da meine Zellen diese Antikörper nicht selbst produzieren bin ich auf dieses Medikament angewiesen. Ohne bin ich schutzlos ausgeliefert wenn es um Keime, Viren und Bakterien geht.
Ich habe also endlich eine Behandlung und wie genau das mit den Immunglobulinen funktioniert werde ich demnächst weiter ausführen.
Und warum nun all der Text!? Ich möchte einfach nicht, dass Patienten ohne zu hinterfragen alles Schlucken was einem angepriesen wird. Wenn ein Arzt all das hier liest und anfängt sein eigenes Verhalten zu reflektieren, dann haben wir alle gewonnen.
Habt ihr eigene Medikamenten Horrorgeschichten? Dann schreibt’s mir!