Immunglobuline, ein Erfahrungsbericht
Meine eigenen Gedanken und Erfahrungen zur Behandlung mit Immunglobulinen.
Es geht los !
Kurz nach dem ich meine Diagnose bekam stand auch schon die erste Immunglobulin-Substition an: Intravenös, im Uniklinikum, in der onkologischen Tagesklinik – und zwar zwischen drei ziemlich kranken Chemopatienten. Is ja nicht so, als hätte ich nicht eh schon Angst gehabt. Ich fühlte mich zwischen den anderen auch wirklich unwohl – aber dann gings los.
Erst wird der Zugang gelegt, es läuft etwas Kochsalzlösung vor und dann kommt die erste Flasche Immunglobuline. Ich wurde monitorisch überwacht, da man nie weiß, wie ein Patient bei der ersten Gabe reagiert. Okay, also ich hab mich wirklich sehr komisch dabei Gefühlt :/ aber noch ging’s mir gut. Dann kam die zweite Flasche und langsam bekam ich Kopfschmerzen und wurde müde.
Das ging noch, aber als der ganze Kram nach drei Stunden fertig war, wollte ich nur noch nach Hause aufs Sofa. Abends habe ich dann gemerkt, wie meine Lymphknoten anschwollen und am nächsten Morgen hatte ich die schlimmsten Grippesymptome an die ich mich erinnern kann. Aber hey, über diese tolle Immunreaktion kann ich mich ja freuen… aber muss sich das so furchtbar anfühlen plötzlich Antikörper in mir zu haben?
Stich für Stich…
Ich habe die IV-Gabe im Klinikum genau drei mal gemacht und bin dann auf die subkutane Gabe umgestiegen. Anfangs habe ich zwei Mal die Woche 20 ml meines Präparates infundiert. Mit Hilfe meiner Pumpe, ich nenne sie “die Kleine”, und einer 12mm langen Nadel. Das hat auch eine ganze Zeit ziemlich gut geklappt, bis ich auf ein Mal immer kränker wurde.
Irgendwie benötigte ich mehr und mehr Immunglobuline (meine Werte waren sehr schlecht), weshalb ich irgendwann auch meine zweite Pumpe, die “Große Pumpe”, bekommen habe. Jetzt fing ich an wöchentlich 50ml zu infundieren – bis mein Gewebe nicht mehr wollte.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon viele Verhärtungen im Bauch. An anderen Stellen kann ich aber einfach nicht spritzen. Ich bekam so große Beulen, dass mir die Immunglobuline direkt wieder aus der Haut liefen. Das wurde auch nicht besser als ich einen Y-Katheter benutzt habe (ich wollte die ganze Sache auf zwei Einstichstellen laufen lassen, in der Hoffnung, es verteilt sich dadurch besser). Ich versuchte es sogar über Nacht und 12 Stunden zu infundieren. Dann kam wieder so eine Phase, wo ich mehr Immunglobuline benötigte – leider hatte ich mit der Zeit eine Unverträglichkeit gegen mein eigentlich tolles Präparat entwickelt.
Ich hatte erhlich gesagt erstmal keinen Bock mehr. Mir ging das alles so gegen den Strich, dass mir zeitweise das Risiko lebensbedrohlich zu erkranken lieber war, als noch ein mal zu stechen und die Nebenwirkungen zu ertragen. Eine Substitution bedeutete 5–7 Tage einen dicken, heißen, roten und juckenden Bauch, unerträgliche Knochenschmerzen und diverse andere unangenehmen Reaktionen.
Was also machen, wenn man dann schon wieder spritzen muss bevor die Nebenwirkungen abgeklungen sind ?
Wie gesagt: ich hatte keinen Bock mehr!
Irgendwann habe ich mich auf Grund meines immer schlechteren Gesundheitszustandes überreden lassen, es noch mal IV zu versuchen bis ich ein Alternative habe.
Immerhin habe ich diesmal vorher ein Antihistaminikum gespritzt bekommen, was die ganze Sache um einiges erträglicher gemacht hat. Drei mal IV und dann wieder Pause. Es ist halt einfach nicht meins. Ich habe nicht die Zeit ständig ins Uniklinikum zu müssen – erst recht nicht in diese “lebensfrohe” Umgebung. Davon abgesehen habe ich mir bei jeder Substitution im Klinikum irgendetwas eingefangen.
Jetzt läufts 
Nun bin ich zufrieden. Ich habe mich dann ein weiteres Mal umstellen lassen. Es wurde aber nicht einfach nur das Präparat gewechselt sondern auch die Art der Verabreichung hat wurde angepasst. Für die neuen Immunglobuline habe ich auch eine neue Pumpe bekommen und die finde ich irgendwie genial: Sie erkennt von selbst die Marke und die Füllmenge der Spritze . Auf jeden Fall spritze ich mir jetzt vor den Immunglobulinen ein Enzym, welches kurzzeitig mehr Platz in meinem Unterhautfettgewebe macht.
Da wird ein ganz natürlicher Prozess nachgeahmt und es ist kein Stück gefährlich oder unangenehm. Selbst von dem leichten brennen was auftreten kann, merke ich so gut wie nichts. Da vorher Platz geschaffen wird kann ich auch eine große Menge Immunglobuline infundieren ohne eine Beule zu bekommen. Es ist nun vielmehr wie ein flacher Pfannkuchen unter der Haut, welcher aber nach 24 Stunden schon fast wieder weg ist.
Die einzige Nebenwirkung die ich jetzt noch habe ist eine winige Stunden anhaltende Müdigkeit – und das wars. Keine Schmerzen, keine allergischen Reaktionen und keine weiteren Gewebeschäden. Die Pumpe arbeit mit wesentlich weniger Druck als meine älteren, da das Immunglobulin nicht mehr mit viel Kraft ins Gewebe gepresst werden muss. So kann’s auch erst mal bleiben.
Erfahrungsschatz !
Wenn man vor der subkutanen Substitution duscht, ist das Gewebe weicher und das Stechen der Nadel geht leichter.
Ob intravenös oder subkutan – je langsamer das Immunglobulin läuft, um so besser wird es vertragen.
Gönn dir Ruhe und etwas Gutes an den Substitutionstagen. Wenn du müde bist dann ist das voll in Ordnung.
Schmerzen beim Stechen?
Vielleicht fragst du deinen Hilfsmittel Hersteller einfach nach kürzeren Nadeln.
Bis zu 24 Stunden nach der Substitution solltest du körperlich anstrengende Aktivitäten vermeiden.
Huch ein Immunsystem? Ja, nach der Substitution ist es auch voll in Ordnung sich etwas kränklich zu fühlen.
Vergiss bloß nie richtig zu desinfizieren! Ruckzuck sind Keime in der Einstichstelle und du hast eine Infektion.
Geh mit deiner Pumpe nie direkt in die Sonne. Die Hitzeeinstrahlung lässt das Immunglobulin gerinnen.
Das Immunglobulin bitte nie gekühlt spritzen! Es ist viel angenehmer, wenn es auf Zimmertemperatur ist.
Und wie ist das jetzt darauf angewiesen zu sein ?
Hmm… Auf der einen Seite ist es ziemlich merkwürdig, sich sein Leben lang etwas spritzen zu müssen, was aus dem Blut anderer Menschen kommt. Ja, Anfangs habe ich mich sogar geekelt und die Nebenwirkungen auf die schlechte Laune der Spender geschoben.
Irgendwann habe ich angefangen mit den Immunglobulinen zu reden.
“Jungs, dann legt mal los” oder “jetzt macht mal” waren da ganz typische Ansagen von mir. Mittlerweile ist es einfach so wie es ist: Ich brauche die Behandlung, also mache ich die Behandlung. Wäre schöner ohne, aber ich kann ja froh sein, dass es die Möglichkeit überhaupt gibt. Dankbar bin ich all den Spendern, die aus welcher Intention heraus auch immer bereit sind‚ ihr Blut oder Blutplasma zu geben. Außerdem natürlich all jenen Menschen, die in den Spendezentren oder bei Blutspendediensten arbeiten und damit auch mein Leben gewährleiseten.
Ja das wars soweit erst mal zu dem Thema. Ich hoffe ihr konntet etwas lernen oder nehmt ein wenig mit aus dieser Beitragsreihe.
Für mich ist die Substitution ein sehr intimes Ding – und doch ist sie nun mal ein wesentlicher Bestandteil meiner Behandlung. Euer, Stephan
Bitte geht zur Blut oder Plasmaspende.
Es gibt so viele Menschen deren Leben von Blutprodukten oder Plasmaderivaten abhängt. Menschen wie ich sind einfach auf Menschen wie Euch
angewiesen.