Volle Liegen, Emotionen und ein nachdenklicher Stephan
Liebe Leser und Leserinnen,
gestern am 17. November 2016 folgten wir der Einladung nach Bremen zu den Lebensrettern von CSL Plasma. Man könnte jetzt denken, es ist doch eh immer das Gleiche – eben weil wir schon in diversen Plasmacentern zu Besuch waren. Aber nein, dem ist nicht so. Jedes Center hat seinen ganz eigenen Charme, seinen ganz eigenen Umgang mit den Spendern und jeder Standort ist mit einer ganz eigenen Mentalität verbunden. Warum dieser Termin wieder etwas ganz Besonderes war und was wir bei diesen Treffen überhaupt machen, davon möchte ich heute berichten.
Warum das Alles?
Ich sag jetzt einfach mal aus Pflichtgefühl, aus Angst und weil es einfach wichtig ist! Ja, es ist gar nicht so pathetisch wie es jetzt vielleicht klingt, denn eigentlich ist es ganz einfach zu erklären: Als Patient der Immunglobuline substituiert bin ich den Plasmaspendediensten etwas schuldig.
So oder so ähnlich fühlt es sich zumindest für mich an. Natürlich bin ich denen jetzt nichts schuldig im Sinne von »Die bekommen noch was von mir«. Nein, es ist vielmehr auch mein Wunsch mich bedanken zu können und überhaupt an der ganzen Thematik irgendwie mitzuwirken. Allerdings ist mir durchaus bewusst, dass wenn es eben genau diese Plasmacenter nicht gäbe, ich ein ganz ganz dolles Problem mit meiner Gesundheit bekommen würde – ich könnte sterben!
In einem Plasmacenter arbeiten Menschen, keine Pharmaroboter. Diesen Menschen ist es zu verdanken, dass ein Spender auch wirklich wiederkommt. Egal wie stressig es ist oder wie unangenehm eben manch ein Spender mit den Mitarbeitern teilweise umgeht – sie müssen einfach immer freundlich bleiben und eine ruhige Hand behalten. Ob nun an der Anmeldung, bei der Untersuchung oder direkt an der Liege spielt dabei keine Rolle.
Es muss auch einfach mal gesagt werden, dass die Qualitätsstandards bei den privaten (und halbprivaten) Plasma- und Blutspendediensten einfach extrem hoch angesetzt sind – das merkt man dort immer wieder. Hier steht der Spender im Mittelpunkt und erst recht die Spendersicherheit!
Man ist gut zu seinen Mitarbeitern und ein Centerbesuch fühlt sich immer ein wenig so an, als wäre man bei einem Familientreffen.
Was machen wir nun da genau?
Ein lebendiges Beispiel zeigen – quasi das Ergebnis der Arbeit veranschaulichen, ein ganz neues Gefühl und Bewusstsein für die eigene Tätigkeit aufzeigen. Wenn man weiß, dass es mehr Gründe für die eigene Arbeit gibt als das Gehalt, dann steigt auch die Motivation. Es ist ja jetzt nicht so, als wären die alle unmotiviert –ganz im Gegenteil, aber so soll es ja auch bleiben. Gerade für neue Mitarbeiter ist die Erfahrung auf einen Patienten wie mich zu treffen Gold wert.
Jens nehme ich mittlerweile immer mit. Ganz einfach auch als moralische Stütze, da es doch schon mal zu kleinen emotionalen Ausbrüchen meinerseits kommen kann. Die eigene Krankengeschichte und den teilweise nicht ganz einfachen Lebensweg ohne Beschönigungen vor zuerst fremden Menschen aufzurollen, kann eben manchmal doch etwas aufwühlen.
Nach einer kleinen Vorstellung geht die ganze Sache meist immer in eine Fragerunde über. Bisher sind wir eigentlich noch nie mit den angesetzten 60 Minuten ausgekommen. Im Gespräch gibt es keinerlei Tabus, denn nur so kann ich ein realistisches Bild von meinem Leben mit angeborenem Immundefekt vermitteln.
Nach den Grundinformationen über meine Krankengeschichte und dem langen Weg zur Diagnose berichte ich über Behandlungsoptionen sowie natürlich auch über die Widrigkeiten die meine Erkrankung mit sich bringt. Dabei kann sowohl bei mir wie auch bei so manchem Mitarbeiter schon mal ein Tränchen fließen – allerdings wird auch viel gelacht!
Wenn diese Runde vorbei ist kommen so ziemlich jedes Mal einzelne Mitarbeiter auf mich zu und stellen jene Fragen, welche sie sich nicht getraut haben in großer Runde zu stellen… aber auch um einfach noch ein nettes Wort loszuwerden. Danach kommt der Teil, der für mich immer etwas ganz ganz besonders ist:
Im Spendesaal
Dann stehe ich da so mittig und zentral im großen Raum und erhebe meine Stimme:
»Darf ich mal um eure Aufmerksamkeit bitten? Mein Name ist Stephan und ich bin einer der Menschen die von eurer Plasmaspende abhängig ist. Nur weil ihr hier liegt kann ich und können ganz viele andere überhaupt erst leben und ein lebenswertes Leben führen. Das Plasma landet nicht einfach in irgendwelchen Lagerhäusern, nein es kommt an und hilft! Ich bin heute hier um einfach auch mal Danke zu sagen – Danke im Namen aller, die von euren Spenden abhängig sind.«
Ihr seid einfach klasse!
Alle Augen auf mich gerichtet, lächelnde Gesichter und situationsbedingtes einhändiges Klatschen (hier zeigt sich wie krativ Menschen doch sind: Mit der Hand des unpunktierten arms auf den Oberschenkel, den Bauch, die Wange… ) – ein krasses Gefühl, wenn zig Menschen auf einmal sehr spontan bewusst wird was sie da leisten. Auf eine ganz eigene Art macht diese einfache Anerkennung ihrer Taten etwas mit den Spendern – und das ist unglaublich schön zu sehen.
Gedanken
Ob nun Mitarbeiter oder Spender – auf diese Art habe ich mich mittlerweile schon bei knapp 1000 Menschen bedankt, und selbst wenn es nur bei einem Bruchteil von ihnen angekommen sein sollte, habe ich jetzt nicht mehr das Gefühl von Machtlosigkeit.
Leider sind die Spenderzahlen nach wie vor rückläufig. Viel zu wenig Menschen ist das Thema »Plasmaspende« überhaupt präsent. Darum werden wir so weiter machen und jeder Einladung folgen, die zum Ziel hat etwas daran zu ändern!
Bremen war toll und ich habe mich sehr wohl gefühlt!
Danke für die Einladung und hoffentlich sehen wir uns wieder.
Euer Stephan
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